„Mut haben“ oder „mutig sein“ ist das Gegenteil von „verzagen“ oder „verzagt sein“. Mutig kann jemand sein, der seine eigenen Möglichkeiten und Stärken kennt und darauf vertrauen kann. Ein Bewusstsein der eigenen Stärken ist notwendig, um sich nicht machtlos zu fühlen, sondern die eigene Selbstwirksamkeit zu spüren. Ein Bewusstsein eigener Grenzen ist notwendig, um Mut nicht in Übermut umschlagen zu lassen, zum Beispiel, indem man unrealistische Erwartungen bei sich und anderen weckt.

Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sind also die Grundlagen von Mut. Mut haben bedeutet auch, sich gegebenenfalls von der Masse abzusetzen und sich zu zeigen.

Ziel unserer Arbeit am Wolfgang-Borchert-Gymnasium ist es daher, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu fördern, um Mut zu ermöglichen. Es geht darum, zu lernen, für sich und andere einzustehen, seine eigenen Interessen in angemessener Weise zu artikulieren und sich selbst etwas zuzutrauen.

Unsere Absicht ist, Schüler*innen zu bestärken, sich zu zeigen. Das kann unter Umständen auch bedeuten, zum Widerspruch aufzufordern oder diesen auszuhalten. Wir als Lehrkräfte sind insofern auch Modell, wenn wir unsere eigenen Interessen artikulieren oder transparent mit eigenen Fehlern umgehen.

Mut als Lernziel ernst zu nehmen heißt auch, ihn zu honorieren, wenn wir ihm begegnen.

Verantwortung in der Schule zu übernehmen ist vielschichtig. Neben der Verantwortung für sich selbst haben Schüler*innen und Lehrkräfte Verantwortung für die Schulgemeinschaft.

Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, bedeutet sich und die eigenen Bedürfnisse zu kennen, sie respektvoll zum Ausdruck zu bringen, um seine Selbstwirksamkeit zu wissen. Das alles sind Voraussetzungen, um schließlich selbstständig handeln zu können.

Die Förderung der Eigenverantwortung ist für ein selbstbestimmtes Leben eine wichtige Aufgabe in unserer Zeit. So wollen wir am Wolfgang-Borchert-Gymnasium Heranwachsende auf ein eigenständiges Leben, die gesellschaftlichen Herausforderungen und die Berufswelt vorbereiten. Wir wollen sie bei Entscheidungsprozessen begleiten und ihnen den Wert der Freiheit in einer Demokratie vermitteln.

Verantwortung für die Schulgemeinschaft zu übernehmen, bedeutet zum einen Regeln anzuerkennen und zum anderen aktiv zu werden. Die Achtung der Hausordnung, die Übernahme von Aufgaben in der Klassengemeinschaft und für Mitglieder der Schulgemeinschaft mitzudenken sind Beispiele. So kennen wir das Gemeinwohl als hohen Wert an und erleben gemeinsames Handeln.

Das Wolfgang-Borchert-Gymnasium will Räume und Anlässe schaffen, sowohl die individuelle als auch soziale Verantwortung bewusst werden zu lassen, die Übernahme der Verantwortung für andere auszuprobieren und deren Konsequenzen zu erfahren.

Dafür sind eine offene Haltung und Mut erforderlich. Die eigene Bequemlichkeit oder Angst vor Misserfolgen lassen uns zuweilen vor Verantwortungsübernahme zurückschrecken. Wir wollen Wege aufzeigen, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern durch verantwortungsvolles Handeln gestärkt hervorzugehen.

Schule soll Kinder und Jugendliche befähigen, ihre geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten zu entfalten und zu entwickeln, um ihnen zu ermöglichen, in einer ständig sich wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Wissen ist hierbei die notwendige Voraussetzung, um die Fähigkeit zur Urteilsbildung, Reflexionsvermögen und eine kritische Auseinandersetzung mit der Informationsfülle, die uns tagtäglich begegnet, herauszubilden.

Dabei ist es ein Ziel unserer pädagogischen Arbeit, unsere Schüler*innen an eine Grundhaltung der Neugier auf und des Respekts gegenüber unserer Welt heranzuführen. Hierbei geht es um gesellschaftliche Zusammenhänge genau wie um Umwelt und Natur.

Neugier ist dabei sowohl im unterrichtlichen Kontext als auch darüber hinaus zentral, um den eigenen Horizont zu erweitern und wirklich etwas hinzuzulernen. Dieses „Kennenlernen“ der Welt führt im besten Fall zur Erkenntnis, dass unsere aktuellen Lebensumstände erhaltenswert, aber auch fragil sind, und dass wir alle aufgerufen sind, zu ihrer Bewahrung und Weiterentwicklung beizutragen.

Dass dies auch unter schwierigen Umständen ein Lebensprinzip sein kann, hat Wolfgang Borchert in seinem Ringen um Menschlichkeit und im Widerstand gegen Diktatur und Mitläufertum eindrucksvoll gezeigt.

Wir alle scheitern täglich: im Kleinen wie im Großen. Mut brauchen wir, um es uns einzugestehen und um genau hinzusehen, was
schiefgelaufen ist. Dann können wir aus Fehlern lernen und es beim nächsten Mal anders machen. Deshalb benötigen wir an unserer Schule eine positive Fehlerkultur.

Eine positive Fehlerkultur bedeutet im Unterricht: Fehler sind Lerngelegenheiten, die uns ermöglichen, innezuhalten, um herauszufinden, was warum falsch ist. So wird ermöglicht, ein Problem tiefer zu durchdringen.

Im alltäglichen Miteinander bedeutet eine positive Fehlerkultur: Es geht nicht um die Schuldfrage, sondern darum, dass wir als Einzelne oder Gruppen Verantwortung für unser Handeln übernehmen uns unsere Fehler eingestehen, um uns dann Zeit zu nehmen hinzuschauen, was wir konkret oder allgemein beim nächsten Mal anders machen können.

Das erfordert Mut, Stärke und Selbstbewusstsein (im eigentlichen Wortsinn). Es fördert die Angstfreiheit und das Sich-Etwas-Zutrauen. Das heißt aber auch für uns, experimentieren und die Möglichkeit zu scheitern zuzulassen und in Krisensituationen Hilfen und Wege aufzuzeigen. Das sollte immer wertschätzend und respektvoll geschehen. Jede/Jeder kann und darf sich Hilfe holen, das ist keine Schwäche. Jede/Jeder übernimmt somit für sich selbst Verantwortung.

Krisenmomente und Scheitern gehören zum Schulalltag und zum Leben. Es gibt immer die Möglichkeit, ein Ziel nicht zu erreichen oder eine falsche Entscheidung zu treffen.

Scheitern heißt aber nicht „versagen“, scheitern kann/sollte lernen bedeuten. Es heißt für uns, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und mit ihnen zu leben. Dabei kann eine Entscheidung auch falsch sein. Das ist nicht das Ende, aus diesem Prozess kann Neues entstehen.

Über sein Handeln nachdenken bedeutet für uns die Fähigkeit, innezuhalten, das eigene Denken und Handeln kritisch zu betrachten und gegebenenfalls auch die Perspektive zu wechseln. Es bedeutet das Nachdenken über die Auswirkungen des eigenen Handelns in alle Richtungen, besonders was andere Menschen und deren Gefühle angeht. Außerdem bedeutet es, zu überprüfen, ob das Ziel des eigenen Handelns erreicht ist oder nicht.

Ein wichtiges Ziel unserer pädagogischen Arbeit besteht darin, dass Schüler*innen und Lehrer*innen, gemeinsam über das Lernen nachdenken und sich gemeinsam für eine Weiterentwicklung der Lern- und Erziehungsprozesse verantwortlich zeigen.

Die Etablierung einer wertschätzenden Feedbackkultur und der positive Umgang mit Fehlern ist dabei ein wichtiger Schlüssel, denn wir Menschen lernen besonders gut, wenn wir die Ergebnisse unserer Handlungen erfahren. Die Fähigkeit aus Fehlern zu lernen, um in anderen Situationen reflektiert und verantwortungsbewusst handeln zu können, ist uns am Wolfgang-Borchert-Gymnasium wichtig.

Das Geben und Nehmen von Feedback muss gelernt werden. Es ist der Versuch, Selbst- und Fremdwahrnehmung nach festgelegten Regeln wertschätzend gegenüberzustellen. Durch Feedback erfahren unsere Schüler*innen etwas darüber, wie sie in ihrem Lernprozess und ihrem Verhalten von anderen wahrgenommen, verstanden und erlebt werden. Dies ist für erfolgreiches Lernen wichtig. Ebenso brauchen die Lehrkräfte für erfolgreiches Unterrichten ein Feedback, um zu erfahren, wie die Schüler*innen ihren Unterricht erleben und wie ihr Verhalten wahrgenommen wird.

Am Wolfgang-Borchert-Gymnasium erhalten die Schüler*innen deshalb regelmäßig individuelle Rückmeldungen zu ihren Leistungsständen und zu ihrem Verhalten. Eltern und Lehrkräfte sind Erziehungspartner und tauschen sich regelmäßig über die Lernfortschritte der Schüler*innen aus.

Auch die Lehrer*innen erhalten von den Schüler*innen regelmäßig Feedback.

Diese Grundhaltung prägt unseren alltäglichen Umgang miteinander. Sie ist unabhängig von der Leistung und dem Ansehen der jeweiligen Personen und ermöglicht allen am Wolfgang-Borchert-Gymnasium sich wohlzufühlen. Denn nur wer sich wertgeschätzt fühlt, kann sein Potenzial voll entfalten.

Im Schulalltag äußert sich diese Haltung darin, wie wir einander begegnen: Lehrer*innen begegnen Schüler*innen unabhängig von deren Leistungen grundsätzlich mit Freundlichkeit, Respekt und Verständnis. Sie knüpfen in ihrer Arbeit an deren Stärken an, statt ihre Schwächen übermäßig hervorzuheben.

Ein aufrichtiges Interesse an den Schüler*innen und die Bereitschaft, sich auch unter Stress Zeit für persönliche Gespräche zu
nehmen, sind wichtige Voraussetzungen für eine gelingende Beziehung zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen. Sollte es Anlass zu Kritik geben, so wird diese konstruktiv geäußert, ohne das Gegenüber persönlich herabzusetzen.

Schüler*innen tragen zu diesem Klima der Wertschätzung bei, indem sie Mitschüler*innen und Lehrer*innen mit Respekt begegnen, herabsetzende und persönlich verletzende Bemerkungen unterlassen und Mobbing ächten.

Der Umgang der Lehrkräfte miteinander hat eine Vorbildfunktion: Auch er ist grundsätzlich von Freundlichkeit, Respekt und Verständnis geprägt. Eine offene Kommunikation sowie eine konstruktive Konfliktkultur bilden die Grundlage für einen wertschätzenden Umgang miteinander.

Etwas über sich herausfinden bedeutet, darüber nachzudenken, wer man ist und wer man sein möchte, und sich durch konkrete Handlungen und Äußerungen in eine Gemeinschaft einzubringen. Es beinhaltet auch das Recht, sich auszuprobieren, denn erst in der Auseinandersetzung mit anderen werden diese Denkprozesse, Handlungen und Äußerungen Wirklichkeit, sie entwickeln sich weiter und müssen eventuell auch überprüft werden.

Die Gemeinschaft stellt einen Spiegel dar, der die einzelne Person mit dem Ergebnis seiner Taten und Äußerungen in verschiedenen Weisen konfrontiert. Das ist Feedback, also Rückmeldung bzw. Rückinformation zur eigenen Person, zu Einstellungen und zu Handlungen.

In unserer Schule bieten sich ständig Gelegenheiten, in denen man etwas sich über herausfinden kann. Alle Beteiligten des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums sind Teil dieser Auseinandersetzung und agieren aus verschiedenen Rollen und Perspektiven, sodass die einzelne Person immer wieder mit verschiedenen Sichtweisen und Perspektiven konfrontiert wird.

Ziel unserer Arbeit am Wolfgang-Borchert-Gymnasium ist es, dass die Schüler*innen Gelegenheit und Unterstützung bekommen, sich selbst auf diese Weise besser kennenzulernen und neue Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entdecken. Sie sollen ihre Stärken und damit sich selbst weiterentwickeln, aber auch lernen mit ihren Schwächen umzugehen und Grenzen einzuhalten. Wir alle unterstützen den Prozess in unserer Schule aktiv mit Toleranz und Respekt und besonders die Erwachsenen dienen hier als Vorbild.

Dabei möchten wir als Lehrkräfte zusammen mit den Eltern die Schüler*innen unterstützen, sich zu entwickeln, sich zu verwirklichen und dabei etwas über sich herauszufinden. Feedback verstehen wir als Teil dieses Prozesses der Selbstfindung Auch wir Lehrkräfte setzen uns mit verschiedenen Sichtweisen, Meinungen und Haltungen auseinander und sind auch bereit unsere Einstellungen und Haltungen in Frage zu stellen.

Etwas über sich selbst herausfinden und das Ergebnis dieses Reflexionsprozesses weiterentwickeln, stellt für uns einen wichtigen Teil unserer Arbeit am Wolfgang-Borchert-Gymnasium dar.

Dieses Leitbild ist auf der Schulkonferenz des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums am 9. Januar 2020 beschlossen worden. Es soll Orientierung für unser Handeln und Einladung zur Auseinandersetzung sein.