Schultheater der Länder 2016 – ein Erfahrungsbericht

Schultheater der Länder 2016 – ein Erfahrungsbericht

Als Schultheater-Vertreter des Bundeslandes Schleswig-Holstein (WoBo-Theater-AG, Halstenbek) reiste unser Ensemble mit unserem selbstgeschriebenen Stück „Bleicher Bruder“ (eine Auseinandersetzung mit Wolfgang Borchert) nach Erfurt zur Schultheaterwoche der Länder, welche vom 18.9.-24.9.16 stattfand. Die herzliche Begrüßung unseres Scouts Elias, welcher uns die gesamte Woche samt seines charakteristischen Hutes begleitete, behielten wir alle in Erinnerung. Schon am Bahnhof entstand bereits der Eindruck eines sehr gut organisierten Festivals, da jeder u. a. ein Programm, eine Wochenkarte und einen Stadtplan für Erfurt erhielt, sowie einen wirklich gelungenen SDL2016-Stoffbeutel mit Tragefunktion, den alle ab dem Moment der Übergabe dauernutzten. Mit unserem persönlichen Willkommen-Pappschild „Schleswig-Holstein“ begann somit unsere Festivalwoche in Erfurt.

IMG_3232Die anschließende theatralische Begrüßung auf dem Theaterplatz erfolgte durch eine Gruppe von Clowns und einer Rhythmus-Combo, welche vor dem Theater Erfurt um uns herum tanzten, Stimmung machten und uns zu Spielen antrieb. Besonders unser Spielleiter, Andreas Kroder, hatte seinen Spaß und ließ keine Möglichkeit aus, die Szenerie auf seiner Videokamera zu bannen.

Die große Eröffnungsveranstaltung fand anschließend innerhalb des sehr eindrucksvollen Theaters statt. Kreativ gestaltet, stimmte diese uns auf die folgende Woche ein, obwohl wir alle sehr müde waren. Mit bleibenden sprachlichen Eindrücken u. a. vom Ministerpräsidenten Bodo Ramelow machten wir uns auf zum Abendessen und anschließend zu dem ersten Theaterstück der Thüringer Gruppe. Beim Ansehen dieses Stückes verspürten wir bereits die wachsende Aufregung und das Kribbeln am ganzen Körper;  schließlich war es bis zu unserer eigenen Aufführung auch nicht mehr lange hin.
Kaputt und voller Vorfreude fielen wir abends in die Betten unserer Jugendherberge, schließlich ging es am nächsten Morgen schon mit den selbstgewählten Workshops weiter!

Um 9 Uhr war das Zusammentreffen in der Fachhochschule Erfurt angesetzt. Durch hochgehaltene Plakate, auf denen die Nummern der Workshops standen, war klar, wo die jeweilige Gruppe zu finden war. Jeder von uns, aus Schleswig-Holstein, belegte einen anderen Workshop („natürlich vorher abgesprochen“), damit wir später von den vielfältigen Erfahrungen profitieren können sollten. Viele waren begeistert und hatten sehr viel Spaß beim Erlernen neuer theatraler Techniken sowie das Gefühl, etwas Sinnvolles mitgenommen zu haben; andere wiederum waren weniger begeistert („das kannten wir schon alles“).
Uns gefiel jedoch vor allem das Zusammenarbeiten mit den Teilnehmern aus den anderen Bundesländern. Es war spannend zu sehen, was diese so alles konnten und aus ihrem Bereich Schultheater mitbrachten. Des Weiteren konnte man sich natürlich von dem Einen oder Anderen noch etwas abgucken und neue Bekanntschaften knüpfen.
Im Anschluss an die Workshops erfolgte eine Präsentation der erarbeiteten und bearbeiteten Dinge. Auf verschiedene Räume der Fachhochschule aufgeteilt, erfolgte eine lustige und anschauliche Werkschau jeder Gruppe, welche uns alle aktiv und passiv amüsierte.
Nach dem Abendessen ließen wir den Tag gemütlich und speziell unsere Halstenbeker Runde auf Empfehlung unseres Scouts in einem Erfurter Getränkegarten ausklingen; wie es sich eben gehört.

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Am Dienstagmorgen gab es zwei Vorstellungen, Bayern und Hessen. Letzteres blieb auf jeden Fall bei jedem Einzelnen von uns im Gedächtnis. Das Stück hieß „Raus mit der Sprache“ und war wirklich sehr lustig gestaltet. Besonderes im Gedächtnis blieb uns einer der kleinen Professoren, alias Einstein, mit dem schon etwas extravagantem Gang („wir haben uns weggeschmissen“).

Nach dem Mittagessen in der Mensa der Universität Erfurt und vor den noch folgenden Vorstellungen schoben wir noch eine Zwischenprobe (aufgrund eines kurzfristigen Spieler-Ausfalls) in das doch sehr vollgestopfte Tagesprogramm. Diese vollzogen wir inmitten des Campus der Universität Erfurt, wo wir auch ein paar merkwürdige Blicke vorbei- kommender Menschen erhielten. Sie fragten sich wohl, was für ein komisch Haufen da chorisch z. B. von Kegeln sprach.
Doch wie das immer so ist, lief die letzte Probe grottig, jeder war genervt von jedem und keiner hatte mehr Lust, irgend etwas nochmal zu wiederholen. Unser Spielleiter bekam wie immer zu 99,9 Prozent die Krise. Es funktionierte gar nichts mehr, so dass wir insgeheim froh waren, uns zur nächsten Aufführung aufmachen zu müssen.
Abends hieß es wieder früh schlafen, denn am nächsten Tag war schließlich unsere, trotz Komplikationen, heiß ersehnte Aufführung!

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Der nächste Morgen war da. Bereits vor dem Frühstück begannen die Vorbereitungen für unser Stück „Bleicher Bruder“. Das Make-Up wurde aufgetragen und die Haare geflochten. Nachher blieb schließlich nicht mehr viel Zeit für Äußerliches. Nach der Mittagspause durften wir zum ersten Mal selbst auf die Bühne. Wirklich beeindruckt, bestaunten wir die Tiefe und Höhe des Bühnenraumes und der Hinterbühne, die komplizierte Technik, die vorhandene Ausstattung, die Requisiten und die Professionalität und Schnelligkeit der Bühnenarbeiter. Schnell ging es in unsere Latzhosen, anschließend zum Warm-Up und dem Texttraining auf die Bühne, während die Bühnenarbeiter unser Bühnenbild aufbauten und unsere Technik die Abläufe programmierten („alles innerhalb von 2 Stunden“). Wir wiederholten noch ein einige Schlüsselszenen, vollzogen unsere Theaterrituale, wünschten uns „toi toi toi“ und dann ging es auf die große Bühne (hiervon berichtet Anouk)…
Im Großen und Ganzen lief es sehr gut, einige sprachliche Aussetzer und ein bis zwei technische Patzer im Video- und Lichtbereich, welche aber nach unserer Auffassung niemand bemerkte.
Als nach dem Abschluss des letzten Satzes das Licht ausging, unsere Anspannung und Konzentration abfiel und plötzlich lauter Applaus ertönte und Standing Ovations erfolgten, strömte die Freude ungebremst aus uns heraus. Wir schrieen vor Freude und es flossen sogar Tränen – natürlich auch vor Freude.

Nach dem Abendessen, bei dem wir immer noch sehr euphorisch waren, begann das Stück „Electronic City“ der Gruppe aus Berlin. Sehr beeindruckt hat uns die Präzision und Körperspannung, welche sich das ganze Stück hindurch hielt, wodurch wir als Zuschauer sehr gefesselt waren. Wir haben uns wirklich gefragt, wie lange das wohl gedauert hat, bis alles so perfekt sitzt und die Gruppe natürlich auch direkt gefragt.

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Das Kribbeln und die Nach-Aufregung von unserer Aufführung hielt sich auf jeden Fall noch bis zum nächsten Morgen, auch wenn wir bei einem geselligen Abend versuchten, zur Ruhe zu kommen. Auf diese sehr gelungene Aufführung!

Donnerstag früh konnten wir, von der Freude und Anspannung noch dran zu sein befreit, die beiden Stücke aus Sachsen und Hamburg genießen.

Eine Sache, die uns auch sehr gut gefallen hat, war die jeden Tag neu herauskommende Festivalzeitung mit Nachberichten, Rezensionen und Interviews. Unsere Aufführung schmückte die Titelseite der Donnerstags-Ausgabe. Das ließ die gerade abgeflaute Freude wieder aufleben; nebenbei gaben wir auch noch Interviews für „Theater-Studierende“.
Darauf folgten die für jede Gruppe organisierten Nachgespräche und Forumsfachgespräche („für Andi“), welche wir zugegebener Weise etwas merkwürdig fanden. Wir sollten Szenen noch einmal spielen und dazu direkt Rückmeldung der Gruppe aus dem Saarland bekommen. Jedoch war die Person, die am meisten redete, unsere Moderatorin.
Gelungen oder nicht, nach dem Abendessen gab es die Inszenierung „F(a)ust. Fast nach Goethe“ aus Nordrhein-Westfalen. Gefesselt von dem faszinierenden Zusammenspiel der Gruppe entstanden tolle und im Gedächtnis bleibende Bilder, die es unmöglich machten, im Theatersessel einzuschlafen. Nicht, dass das schon einmal vorgekommen war (wie bereits erwähnt, kostete das Tagesprogramm viel Energie, so dass es möglicherweise mal den Einen oder Anderen erwischte…). Abends schlenderten wir etwas ausgiebiger durch Erfurt, welche sich als eine wirklich liebenswerte Stadt zeigt. Parallel zu dieser Aktivität gab es vom SDL selbst gestaltete Abendprogramme wie z. B. Improtheater, bei denen auch viele mit Spaß, Lust und Laune teilnahmen. Bis in den späten Abend hinein saßen wir auch immer noch mit Spielern und Spielerinnen aus anderen Bundesländern zusammen und genossen die Zeit.

SDL Abschluss

Freitag wurde der letzte Tag des Festivals “Schultheater der Länder 2016” mit einer Abschlussveranstaltung als Höhepunkt gefeiert. Dabei gab es unglaublich lustige Einlagen, unter anderem einen Videozusammenschnitt, welcher die gesamte Woche aus unterschiedlichen Perspektiven zeigte. Beim Lachen und Zurückblicken fiel uns auf, wie schnell die Woche vergangen war. Nach dem Abschluss-Buffet im Heizwerk (einer alten Industriehalle) neben dem Theater Erfurt erfolgte hier auch die Abschlussparty mit Musik und Tanz. In der Nähe der Jugendherberge ließen wir die Nacht noch weiter mit anderen Gruppen bei Gitarrenbegleitung ausklingen; schließlich war das der Abschluss einer so lang ersehnten Fahrt.

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Der nächste Tag brach an, die Rückreise begann. Eine tolle Woche „ohne Schlaf“ mit vielen Erlebnissen und Erfahrungen war plötzlich zu Ende. Für jeden Einzelnen von uns waren diese Tage eine unvergessliche Zeit!

Leona Schubert 

Tipp: Alle Bilder werden durch Anklicken in Originalgröße angezeigt.

 

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Eine persönliche Erfahrung – unsere Inszenierung „Bleicher Bruder“ beim SDL 2016 in Erfurt

Rezension des Stückes: Artikel aus der Festivalzeitung


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